Die neuen Künstlerinnen in der GEDOK Wuppertal
Heidi Becker – Isabel Kämpf – Rita Viehoff
Unter dem Titel trivalent präsentieren die neu in die Fachgrupp BILDENDE KUNST der GEDOK Wuppertal e.V. aufgenommenen Künstlerinnen Heidi Becker, Isabel Kämpf und Rita Viehoff ihre Werke
vom 10. Oktober bis 31. Oktober 2021 in der Solinger Galerie Kirschey, Güterhallen Solingen, Alexander-Coppel-Straße 22, 42651 Solingen
Vernissage: Sonntag, 10. Oktober 2021, 15.00 Uhr
Einführung in die Ausstellung: Dr. Jutta Höfel
Die Künstlerinnen sind bei der Vernissage und an den Öffnungszeiten der Ausstellug anwesed und stehen für Fragen und Auskünfte zur Verfügung.
Die Ausstellung ist an Sonntagen von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet – oder nach Absprache unter 0178 707 4957.
Fotos von Astrid Kirschey
Einführung von Dr. Jutta Höfel:
In ihrer Ausstellung „trivalent“ …
… verwirklichen Heidi Becker, Isabel Kämpf und Rita Viehoff ihr Konzept eines gleichwertigen Dreiklangs, den sie auf der Einladung ankündigen: je drei Buchstaben mit drei repräsentativen Bildausschnitten in der Wortmarke vereint. Mit der Hängung in der Galerie Kirschey bieten die Künstlerinnen sowohl Einblick in das eigene Schaffen als auch eine anregend ineinander wirkende Gesamtschau, die uns in ein Spiel von Korrespondenzen und Kontrasten zieht. Schauen wir genauer hin.
Heidi Becker zeigt eine Auswahl aus verschiedenen Werkreihen, die zum Teil zu Beginn des Jahres entstanden sind, die meisten „untitled“.
Ihre großen Formate kommen auf den dunklen Wänden der Nebenräume besonders zur Geltung, vor allem das weich verschwimmende Flächenfeld Nr. 57, ein fast flaumfedriges Farbgewebe, dessen intensive Orange-, Rot-, Violett-, Gelb- und Grünvarianten in zahlreichen Lasuren verschmelzen und durch querfließende Lineaturen gegliedert sind.
Darauf lagern gezackte und zerfasernde weißlich-gilbende Übermalungen, eingebunden in Zeichnung, als gäbe es ein Projekt, die Konturen nach und nach mit dieser kalkigen Tünchung zu füllen und allmählich den Traumteppich für die Flüge unserer Phantasie zu tilgen.
In anderen Exponaten beschäftigt sich die Künstlerin mit dem Gegensatz zwischen den scharfen Konturen geometrisch-konstruktiver Elemente und vage gewölkten und unwillkürlich rinnenden Verläufen. (Nr. 56)
Eine kontemplative Atmosphäre strahlt aus dem mächtigen Sienasediment mit den zarten Einschlüssen von Pinselspuren, das ein dunstiges, herbstgoldiges Abendglühen über dünne grüne, ockerige und weiße Streifen wirft. (Nr. 52)
Maßgeblich für Heidi Becker ist das Eintauchen und Vertiefen in den Akt des Malens, in die sich rhythmisierende Bewegung des Körpers die ansetzende und ausziehende, hin und her schwingende Gestik, in die sinnlichen Qualitäten der Farben, ihre Haptik, ihre Gerüche und die Augenfreude angesichts einer reichen Palette.
Zurückkehrend in den Hauptraum finden wir uns mit konkreter Bezeichnung im „Green“: Grünliches und Rosiges in hauchigen, samtigen Texturen mit einer Partitur weißer Spritzer und Sprengsel ist die Bühne für ein tropfenförmiges schwarzgrünes Blatt mit Stielansatz, das seltsam surreal in seiner einsamen schattenwerfenden Gegenständlichkeit bleibt, während am linken Rand eine tiefere Bildschicht mit gelbhellen Vertikalen wie eine zweibeinig flatternde Windhosenflagge aufreißt.
Durch die Faszination winziger Welten reisen wir mit Isabel Kämpfs Installation, deren Täfelchen leuchtend gewandete Päckchen suggerieren, die sich an manchen Stellen schälen wie Borken von Bäumen.
Die Objekte entwickeln formale und thematische Reize, die charakteristisch für die Künstlerin sind: Sie betont die hölzerne Struktur der kleinen Keile durch Ritzungen oder durchkreuzt sie mit kariert geprägten Gittern, die eine andere, eine textile Qualität andeuten.
Darauf erschafft der Auftrag der Farben vielfältige Reliefs mit feinsten Zerklüftungen, mit körnigen und perligen Partien, deren Mikro-Universen uns an den Beginn der Erdwerdung versetzen: brodelnde Magma und Funkenregen über erstarrter schwarzer Lava, waberndes Urgewässer mit amöbenhaften Zellgebilden, Korallen und Luftblasen im Grünmeer.
Eine kosmische Betrachtung kann auch für die großen Formate gelten, deren überwältigende Strahlkraft uns zwischen zerberstende Sonnen und aufsprudelnde Planetennebeln bannt.
Auf den ersten Blick chaotisch, wie es anfangs war, zeigen sich Ordnungen, wie sie dann wurden: auf der Ebene der Kunstwerke zunächst durch die von links nach rechts zunehmende Breite der Hochformate.
Verschieden dichte Schichten von Rot, Orange, Gelb und Grün sind – der zunehmenden Erkaltung und der später explosiven Flora entsprechend – gestrichen, geworfen, gesprengt, einander durchdringend im Zentrum, auseinandergleitend an die Peripherie, sich zerteilend, bis in einzelne Sterne zertropfend.
Wir spüren die Energie, die Dynamik, mit der die Farbe auf die Leinwand gebracht wurde und denken – vielleicht – an den Urknall und die allmähliche Ausdehnung des Alls.
Die eindringliche Farbigkeit der Lacke und Acryl-Abmischungen begegnet uns in weiteren Werken bis hin zum Trio aus Wellpappe, dessen Riffelung leer beschrifteter Buchseiten sich in den Raum entfaltet und erneut veranschaulicht, wie fließend Isabel Kämpf ihre Übergänge zwischen Plastik und Malerei gestaltet.
Rita Viehoff befindet sich in einer spannenden Phase von Abstraktionsprozessen, die sie vom Landschaftlichen fortführen und denen zu folgen, sie uns einlädt.
Andeutungen geographischer Räume finden wir noch in dem dunklen Gemälde auf der Querwand, mit dem wir an einem hellen Gespinst vorbei in eine unergründlichen Tiefe eintreten und noch in der ersten Arbeit auf Papier: ein Himmelsblau, das sich in feuchten Auen vor Hügeln spiegelt, rechts und links bereits überlagert von den Farbfeldern, die die „Umarmten Areale“ bestimmen.
In dieser Werkreihe beobachtet die Künstlerin das sich unter dem Pinsel formende Gelände, die Ausdehnung und Zusammenziehung der Flächen und die Art ihrer Begrenzung innerhalb einer Kontur oder sie durchdringend.
Sie prüft, wohin die Bewegung lebhafter Zonen oder die Ruhe eines abschließenden Überzugs passen, und sie erwägt, was die Bereiche einzeln zu tragen vermögen, wie sie aufeinander reagieren und zusammen existieren.
Die Aufteilung in gerundete amorphe Formationen, die in einem kompakten Verbund gehalten werden, ist besonders an den umrahmend gehängten Exponaten deutlich, die eine Längstdiagonale durch die Galerie legen.
Die mittleren Arbeiten weisen spezifischere Komplexe auf, die unsere Imagination reizen, Gegenständliches und Figürliches zu finden.
So erinnert die wiederkehrende sichelförmige Fläche an den Mond, in dessen Schein wir uns Szenen zusammensehen, durch die eine Ultramarinschnecke neben Leuchtkäfern einher kriecht oder Lampions vor einem Lederzelt baumeln und ein einsamer Mensch mit weißem Kleid in tropischer Nacht unterwegs ist.
Rita Viehoffs Palette in Acryl und Öl hat eine ihr eigentümliche, oft gedämpfte, durch Grauabmischung zurückgenommene Farbigkeit, die mit einzelnen kräftigen Akzenten hervorgehoben wird. Das Malerische ergänzt sich durch grafische Elemente, durch expressives Aufabauf und Hinher mit breiter Kreide und weichem Stift zu einer gestalterischen Einheit.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Entdeckung der trivalenten Kunstwelten und ihrer kontrastiven und korrespondierenden Bezüge, die unserer Empfindung und Erkenntnis weite Inspirationsräume öffnen.